Auschwitzfahrt

Jedes Jahr führt das Gymnasium Nepomucenum Rietberg eine Schulgemeinschaftsfahrt nach Polen durch, in deren Mittelpunkt der Besuch der ehemaligen Konzentrationslager in Auschwitz steht.

Auschwitz als das größte nationalsozialistische Konzentrationslager liegt ca. 60 km westlich von Krakau in Polen. Das Lager wurde 1940 auf Befehl Heinrich Himmlers errichtet und diente sowohl als Arbeitslager als auch ab 1941 als Vernichtungslager. Das Lagergelände ist bis heute in großen Teilen erhalten und gilt als Synonym für den größten Völkermord in der Geschichte der Menschheit. Insbesondere in der heutigen Zeit halten wir die Durchführung einer solchen Fahrt und damit verbunden die intensive Beschäftigung mit diesem wichtigen Teil der nationalsozialistischen Vergangenheit für einen wesentlichen und relevanten gesellschaftlichen Aspekt.

Die Fahrt erstreckt sich über insgesamt sechs Tage. Am ersten Tag findet auf der Hinfahrt eine Zwischenübernachtung in Breslau statt, dort ist abends Gelegenheit, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden.
Am zweiten Tag geht es dann ausgeruht weiter nach Oświęcim (polnischer Name für Auschwitz), dort wird am Nachmittag das sogenannte Stammlager (Auschwitz I) besichtigt.

Am dritten Tag findet ein sogenannter „Workshop-Tag“ statt, das bedeutet, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den Tag verteilt in verschiedenen Programmschienen unterschiedliche Aspekte zum Thema Auschwitz kennen lernen und gemeinsam diskutieren (Workshops, Museumsbesuche, Stadtführung, Reflexionsrunden etc.)

Am nächsten Morgen wird dann ein Rundgang durch das große Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II) durchgeführt. Uns ist es bisher noch immer gelungen, im Anschluss an die Lagerbesichtigungen Überlebende zu hören und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, angesichts ihres mittlerweile hohen Alters der Überlebenden aber keine Selbstverständlichkeit.

Unser Anliegen ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Polen nicht aus der Perspektive der nationalsozialistischen Verbrechen zu zeigen, sondern auch ein wenig von Land und Leuten kennen zu lernen. Kein Ort eignet sich dazu besser als die „heimliche Hauptstadt Polens“ Krakau. Der fünfte Tag der Fahrt steht ganz im Zeichen des Eintauchens in das Leben und Erkundens dieser polnischen Metropole mit ihren zahlreichen Sehenswürdigkeiten und ihrer unverwechselbaren Atmosphäre. Auch am Abend kann man das Flair dieser Stadt noch in vollen Zügen genießen, denn am Abschluss der Fahrt steht auch hier eine Übernachtung, bevor es am letzten Tag morgens wieder Richtung Heimat geht.

Ist diese Fahrt 2005 erstmalig mit ca. 35 Personen in Angriff genommen worden, so melden sich mittlerweile stets um die 150-200 Personen an. Das Besondere dabei ist, dass Schülerinnen und Schüler, aber auch deren Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer an der Schulgemeinschaftsfahrt teilnehmen können.

Die Auschwitz-Überlebende Zdzisawa Wodarczyk (geb. 1933) mit Herrn Forthaus
Die Reisegruppe 2021 in Krakau
Das Eingangtor des Stammlagers (Auschwitz I)

Ein Teilnehmer der Fahrt hat seine Eindrücke in einem Brief an die Schule geschildert.

„Jeder deutsche Schüler sollte einmal in seinem Leben nach Auschwitz fahren“. Mit diesem Gedanken zog eine Schülerin des GNR ihr Fazit zur Schulfahrt nach Polen. Und ich bin der Meinung, dass sie es mit diesem Satz auf den Punkt gebracht hat.

Die vor wenigen Tagen beendete Fahrt von ca. 150 Schülerinnen, Schülern, Lehrern und Eltern nach Breslau, Auschwitz und Krakau hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, gerade jungen Menschen die Gelegenheit zu bieten, reale Orte der verbrecherischen nationalsozialistischen Ideologie persönlich und in einer Gemeinschaft von Mitschülern besuchen, erleben und auch “ertragen” zu können. Und das gilt ganz besonders für Auschwitz!

Dass die fünftägige Busreise mit ihrem so “schweren Inhalt” in all ihren Facetten so wunderbar geklappt hat, ist zuerst dem kongenialen Miteinander der beiden verantwortlichen Leiter Nils Weinberg und Jörg Buttgereit zu verdanken. Ausgestattet mit einer “robusten Empathie” für ihre Schülerinnen, Schüler und dem ihnen anvertrauten Projekt ist es ihnen gelungen, Organisation von Fahrt, Unterkunft und Programmen mit der ihnen eigenen Freundlichkeit, Lockerheit und Bestimmtheit erfolgreich durchzuführen. Dabei kam es ihnen zugute, dass sie dieses kompakte Programm nicht zum ersten Mal gemeistert haben. Ihrem pädagogischem Geschick und einer, wenn nötig, auch klaren Ansage war es zu verdanken, dass alle Schülerinnen und Schüler bereit waren, ihren Beitrag zum Gelingen der Fahrt zu leisten.
Festhalten will ich zudem meine Beobachtung, dass die Lehrer und wir als begleitende Eltern eine erfrischend homogene Gruppe bilden konnten, was trotz der Schwere der historischen Inhalte zu einer sehr positiven und gelockerten Grundstimmung an allen Tagen geführt hat.

Beeindruckt hat mich überdies die Disziplin der Schülerinnen und Schüler, der es zu verdanken war, dass Absprachen wie das Einhalten von Zeiten oder Treffpunkten problemlos funktionieren konnten. Und wenn es mal etwas “brenzlig” wurde, haben die bereits erwähnten klaren Ansagen der Lehrer unmissverständliche Ergebnisse erzielt.

Jeder einzelne Fahrtteilnehmer wird seine eigene Rückschau halten und mitnehmen, was ihm wichtig erscheint. Da bleiben die Bilder aus dem Lagergelände und in den Ausstellungsräumen ebenso präsent wie die schwer erträglichen, bedrückenden Informationen der Ortskundigen und besonders die Begegnung mit einem 94jährigen Zeitzeugen. Der Besuch der Städte Breslau, Oswiecim und Krakau wurde von allen als willkommener Kontrast erlebt, nicht nur wegen der kulturhistorischen Unterschiedlichkeit. Wenn auch wegen der feuchtwarmen Wetterlage gerade die intensiven Führungen durch die beiden Lager und durch die Stadt Krakau ein gehöriges Maß an Kondition und Durchhaltevermögen erforderlich gemacht haben, wird bei jedem einzelnen so viel hängen geblieben sein, dass er für sich selbst mit Befriedigung festhalten kann: „Es war gut und wichtig, dass ich dabei sein konnte.“
Ich hoffe, dass alle Rückkehrer hier und da die Gelegenheit bekommen und nutzen, gemeinsam die Erlebnisse Revue passieren lassen zu können. Ein bleibender Austausch der neu gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen kann auch dazu führen, Schülerinnen und Schüler der folgenden Jahrgänge zu einer dann möglichen Teilnahme zu motivieren.
Denn das Credo sollte lauten: „Jeder deutsche Schüler sollte einmal in seinem Leben nach Auschwitz fahren“.

Ich selbst möchte mich auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich bedanken. Als ehemaliger Lehrer, der selbst unzählige Fahrten (allerdings im personell kleineren Rahmen) organisiert hat und deshalb die Leistung der Kollegen einzuschätzen weiß, kann ich mit voller Überzeugung betonen: Ihr habt euch um eure Schule verdient gemacht – deshalb auf ein Neues im nächsten Jahr!

Dzie(n)kuje i do widzenia!

Mit besten Grüßen

Reiner Hammeran

Reiner Hammeran war zwei Mal Teilnehmer unserer Fahrt und ist mittlerweile leider verstorben. Er war von Beruf Lehrer und hat in seiner aktiven Tätigkeit an verschiedenen Schulformen unterrichtet. Seine Kinder haben schon vor längerer Zeit am GNR ihre Abiturprüfung absolviert.

Auf dieser Seite finden sich sowohl Materialien zur inhaltlichen Vorbereitung der Fahrt als auch ein Fernsehbericht des WDR, der im Rahmen der Sendung „OWL aktuell“ am 8.6.2015 ausgestrahlt wurde. Ein Redakteur des WDR hat uns auf der Fahrt begleitet und seine Eindrücke zusammen mit Schüler- und Elterninterviews in diesem Beitrag zusammengefasst:

Beitrag des WDR (beim Anklicken lädt das Video, knapp 89MB)

aktuelle Materialien zur Vorbereitung der Fahrt